Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 07.07.2020, 9 AZR 401/19:
Bereits am 19.02.2019 hatte sich das Bundesarbeitsgericht der kurz zuvor ergangenen Entscheidung des EuGH angeschlossen, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub entgegen der gesetzlichen Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes nicht zum Ende eines Kalenderjahres erlischt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor über dessen konkreten Urlaubsanspruch und den drohenden Verfall nicht belehrt hat.
Das Bundesarbeitsgericht geht nun noch einen Schritt weiter und hat dem EuGH die Frage zur Klärung vorgelegt, ob und unter welchen Voraussetzungen der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub einer im Verlauf des Urlaubsjahres arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmerin bei seither ununterbrochener fortbestehender Arbeitsunfähigkeit 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres oder ggf. zu einem späteren Zeitpunkt verfallen kann.
Je nachdem, wie der EuGH diese Frage beantwortet, könnte dies zu erheblichen Konsequenzen führen.
Arbeitgeber sollten daher bereits jetzt neben den arbeitsfähigen Beschäftigten auch lang andauernd erkrankte Arbeitnehmer über den möglichen Verfall des konkreten Urlaubsanspruches zum Ende des Kalenderjahres informieren, auch wenn deren Rückkehr während des laufenden Kalenderjahres gar nicht zu erwarten steht.
Sollte der EuGH entscheiden, dass in derartigen Fällen die 15-Monats-Regel nicht gilt, könnten Arbeitnehmer möglicherweise auch bereits verloren geglaubte Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche noch beim Arbeitgeber geltend machen.
Die Urlaubsrechtsprechung bleibt also weiterhin spannend. Wir werden Sie natürlich auch diesbezüglich auf dem Laufenden halten.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gelsenkirchen
Helge Nitsche